Robotik in der Gebäudereinigung
Themen wie Robotik, künstliche Intelligenz (KI), Digitalisierung und Industrie 4.0 sind Themen, die bereits heute quer durch alle Gesellschaftsschichten angeregt diskutiert werden. Es zeichnet sich ab, dass diese Entwicklungen in Zukunft unsere Lebensgestaltung und wahrscheinlich sogar unsere Gesellschaft wesentlich mitbestimmen werden.
Diese Entwicklung wird nicht aufzuhalten sein und erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit den Folgen und Möglichkeiten der neuen Technologien. Gerade im beruflichen Umfeld ist es wichtig frühzeitig Erfahrungen zu sammeln um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, die zukünftigen Prozesse zu gestalten und die Mitarbeiter auf dem Weg in die digitale Zukunft mitzunehmen.
Denn mit der Robotik und der Digitalisierung von Arbeitsprozessen kündigt sich eine ähnlich disruptive Entwicklung für die Dienstleistungsbranche an wie z. B. die Möglichkeiten der digitalen Fotografie ehemalige Marktführer wie Kodak gänzlich aus dem Fotografiemarkt stießen oder die Verdrängung von CD, Schallplatten etc. durch das MP3-Format die Bedeutung großer Musikverlage für den Vertrieb erheblich schmälerte.
GiesDL hat Ende 2018 an insgesamt 3 verschiedenen Projekten die Leistungsfähigkeit von Reinigungsrobotern getestet. Im Fokus standen hierbei sowohl weitläufige Räumlichkeiten mit mehr oder weniger Publikumsverkehr, als auch weitestgehend verwinkelte Reinigungsbereiche. Zudem wurden Erfahrungen mit Reinigungsrobotern verschiedener Hersteller eingeholt, die aber – so viel sei vorweggenommen – in der Praxistauglichkeit nur wenige Unterschiede boten. Neben „großen“ Scheuersaugmaschinen kamen auch schuhkartongroße Staubsaugerroboter zum Einsatz. Da sich unsere Erfahrungen mit beiden Robotertypen in weiten Teilen ähnelten, soll nachfolgend lediglich auf die automatisierten Scheuersaugautomaten eingegangen werden.
Unser Fazit
Es hat sich gezeigt, dass die Entwicklung der autonomen Reinigung noch immer in den Kinderschuhen steckt. Zweifelsohne wird der Robotik auch in der Dienstleistungsbranche zukünftig eine hohe Bedeutung zukommen. Wir werden sie daher auch weiterhin intensiv beobachtet. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben unsere Projekte jedoch gezeigt, dass Reinigungsroboter auch auf großen Flächen Menschen, d.h. die Reinigungskräfte, nicht ersetzen können.
So arbeiten die Roboter
Zuerst wird dem Roboter – wir nennen ihn „Robby“ – im Rahmen eines sog. „Mappings“ sein zukünftiges Revier, d.h. seine Reinigungsflächen, einprogrammiert. Dieser Vorgang kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen und ist von IT Spezialisten des Herstellers durchzuführen. Jede Änderung der Räumlichkeiten oder Reinigungsreviere setzt regelmäßig ein erneutes kostenpflichtiges Mapping voraus. Im Rahmen des Mappings werden alle Flächen abgefahren. Robby merkt sich diese und spult seine Arbeit zukünftig alleine ab. Dabei hält er sich ca. 10 cm von Wandflächen, Treppen und anderen Hindernissen fern. Sollten neue Hindernisse (z. B. Menschen) in seinem Revier vorkommen, umfährt er diese oder bleibt davor stehen bis eine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter ihn zurückgesetzt.
Die Probleme
Die Batteriekapazität beträgt ca. 3 bis 3,5 Stunden. In dieser Zeit kann Robby eine Bodenfläche von ca. 2.500 m² reinigen. Sollte sich Robby festfahren, was gelegentlich vorkommt, so wird das Programm gecancelt und Robby muss von einem Mitarbeiter wieder zur Startposition gebracht werden. Von dort beginnt er seine Tätigkeit neu und wiederholt dabei auch die bereits gereinigten Flächen. Die Ränder, Ecken und Kanten, sowie Flächen unter Tischen und Stühlen müssen weiterhin von Hand gereinigt werden.
Robby ist noch nicht in der Lage selbstständig die Batterie zu wechseln oder selbstständig Frischwasser zu tanken oder Schmutzwasser abzulassen. Zudem ist es noch nicht möglich, dass er selbstständig Aufzüge herbeiruft um z. B. in der nächsten Etage seine Arbeit weiterzuführen.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass die gewerblichen Reinigungsroboter im Vergleich zu den kleinen Reinigungsrobotern für den Privathaushalt deutlich unflexibler sind. So sind Letztere in der Lage, auch verwinkelte Wohnungen mit mehreren Räumen ohne vorhergehendes Mapping flächendeckend zu reinigen. Worauf diese Einschränkung zurückzuführen ist, lässt sich nur vermuten. Unseres Erachtens könnten die umfangreicheren Vorbereitungsmaßnahmen im gewerblichen Bereich auf die Unsicherheiten der Hersteller im Hinblick auf offene haftungs- und versicherungsrechtliche Fragestellungen zurückzuführen sein. (Wer haftet bei einem Unfall mit einem Reinigungsroboter: Hersteller, Dienstleister, Gebäudebetreiber oder Versicherung.)
Das Ergebnis
Robby kostet in etwa so viel wie ein kleiner Mittelklassewagen. Ferner benötigt er noch immer ein „Kindermädchen“ oder Mitarbeiter, die „um ihn herum“ Nebenarbeiten erledigen. Auch aufgrund der beschränkten Einsatzmöglichkeiten (Kapazität und Logistik) eignet sich Robby daher aus unserer Sicht gegenwärtig noch nicht als vollwertiger Ersatz für einen Reinigungsautomaten mit Batterieeinsatz und Fahrer.
Die Zukunft
Nichtsdestotrotz stand für alle Beteiligten am Ende des Projektes fest, dass „die Zukunft begonnen hat“ und auf diesem Gebiet noch viele Entwicklungen zu erwarten sind. Aber bis zu dem Zeitpunkt, dass alle Kinderkrankheiten von Robby beseitigt sind, wird es aus unserer Sicht noch einige Jahre dauern. Vielleicht werden wir in 3-5 Jahren zumindest große, weitläufige Bürobodenflächen weitestgehend ohne menschliche Begleitung mit Robby reinigen können. Da aber große Flächen nur bis zu 10 % der Reinigungsleistung ausmachen und die zeitintensive Oberflächenreinigung von z. B. Sanitäranlagen, Treppengeländern, Tischen und Stühlen sich aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher und situationsabhängiger „Handgriffe“ bis auf weiteres nicht für einen Robotereinsatz eignen dürfte, sind wir der Ansicht, dass auch in 20 Jahren noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt werden.
Und dies ist auch gut so, da im Zentrum einer jeder Dienstleistung auch in Zukunft der Mensch stehen sollte; gerne aber mit tatkräftiger Unterstützung technischer Hilfsmittel.